Run auf „glo“

„British American Tobacco“ hat Japan zum Testmarkt für sein neustes Produkt auserwählt. Wenn „glo“ tatsächlich halten kann, was es verspricht, so könnte dies viele Vorteile für aktive Konsumenten und ihre Umgebung bedeuten.

„glo“ hat das Format eines leicht zu groß geratenen Feuerzeugs. Mit einer „Tabakladung“ kann ca. 30 mal geraucht werden. Der Tabak wird in das Gerät eingeführt und dann auf etwa 240° erhitzt. Er verbrennt also nicht. Somit entstehen viel weniger Geruchsbelästigung, keine Asche und – so der Herrsteller – auch zu 90% weniger toxikologische Stoffe im Vergleich mit einer herkömmlichen Zigarette. Der Tabak wird in drei Geschmacksvarianten angeboten und ist seit diesem Monat in Japan in der Stadt Sendai erhältlich.

Aufgrund des erstaunlich hohen Interesses der japanischen Verbraucher ist „glo“ in einigen Märkten bereits ausverkauft. Überforderte Angestellte mussten zum Schutz vor wütenden Kunden mitunter die Polizei rufen. Ob das Produkt wirklich so gut ist und ob die Japaner sich damit auch nach dem ersten Hype anfreunden können, wird sich zeigen. Wenn schädliche Stoffe minimiert und Nichtraucher geschützt werden können, ist diese neue Variante des Tabakkonsums ein guter Ansatz.

Quellen:

http://digital.asahi.com/articles/ASJDJ4FH3JDJUNHB00K.html?_requesturl=articles%2FASJDJ4FH3JDJUNHB00K.html&rm=418

Seite des Herstellers:

http://www.bat.com/group/sites/UK__9D9KCY.nsf/vwPagesWebLive/DOAFGKR3

Der ewige Streit um ein paar Inseln

Relativ unbekannt ist, dass Japan und Russland nach Ende des Zweiten Weltkriegs nie einen Friedensvertrag abgeschlossen haben. Der Kriegszustand ist zwar beendet, doch dem Friedensvertrag steht ein jahrelanger Streit im Weg. Dabei geht es um Territorialansprüche, genauer gesagt um vier Inseln, die zu den Kurilen gehören und damit international Russland zugesprochen werden. Die Inseln Kunashiri, Etorofu, Habomai und Shikotan befinden sich nördlich von Japan und östlich von Russland.

Japan besteht auf „Rückgabe“ aller vier Inseln, während Russland bereit ist, nach Abschluss eines Friedensvertrag zwei der Inseln, Habomai und Shikotan, offiziell Japan zu überlassen. Dabei beruft Russland sich auf die „gemeinsame Deklaration von 1956“, in der die beiden Staaten die Umstände und Folgen eines Friedensvertrages festsetzten. Da Japan nicht bereit ist, sich mit zwei der Inseln zufrieden zu geben, und Russland keinerlei Interesse an einer erneuten Verhandlung über alle vier Inseln zeigt, sind die Fronten verhärtet.

Von erneutem Interesse ist dieser Konflikt mit Blick auf den baldigen Besuch des russischen Präsidenten Putin. Er wird sich am 15. und 16. Dezember zu Gesprächen mit Premierminister Abe in Japan einfinden. Schon im Vorfeld machte Putin beim Interview mit japanischen Medien deutlich, dass er nicht gedenke, den Kurilen-Konflikt anzusprechen, geschweige denn, neu zu verhandeln. Vielmehr warf er den Ball der japanischen Seite zu, indem er von einer „notwendigen Flexibilität Japans“ in dieser Angelegenheit sprach.

In beiderseitigem Interesse unterdes ist natürlich eine Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Doch auch hier sieht Putin Probleme, da aufgrund der Lage in der Ukraine von japanischer Seite Russland wirtschaftliche Sanktionen auferlegt worden sind. Er fragt: „Wenn wir solche Bestrafungen erhalten, wie sollen wir dann die wirtschaftlichen Beziehungen auf ein noch besseres Niveau bringen?“

Innerhalb dieser schwierigen Situation scheint auch die Ausweitung der Transsibirischen Eisenbahn bis nach Japan nicht mehr als eine phantastische Idee. Russland strebt an, die Eisenbahnlinie über die Insel Sachalin bis zur japanischen Insel Hokkaidou auszubauen. Dies würde den Warentransport erleichtern und vergünstigen. Auch könnte so die Stillegung einzelner Bahnstrecken auf dem dünn besiedelten Hokkaidou verhindert werden.

Wir können gespannt sein, welche Ergebnisse das Treffen der Regierungschefs bringen wird.

Quellen:

http://www.yomiuri.co.jp/politics/20161213-OYT1T50110.html?from=ytop_navl&seq=01

http://digital.asahi.com/articles/ASJD8627PJD8UTIL057.html?_requesturl=articles%2FASJD8627PJD8UTIL057.html&rm=620

 

Schriftzeichen des Jahres 「金」(kin)

Heute wurde bekannt, welches japanische Schriftzeichen zum diesjährigen Schriftzeichen des Jahres gewählt worden ist. Im Vorfeld hatte die „japanische Vereinigung zur Feststellung des Kanjiverständnisses“ die Bevölkerung dazu aufgerufen, ein Schriftzeichen auszuwählen und mit einer kurzen Begründung für die Entscheidung einzusenden. Etwa 153.562 Vorschläge gingen bei der Vereinigung ein. 「金」(kin), das Zeichen für „Gold, Geld, Metal“ wurde am häufigsten genannt. In einer feierlichen Bekanntgabe schrieb ein buddhistischer Priester das Zeichen mit Pinsel auf einen großen Bogen Papier.

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Die Begründungen für die Wahl waren vielfältig. Zum einen wurde der Erfolg Japans bei den Olympischen Spielen in Rio, wo viele Goldmedallien erlangt werden konnten, genannt. Aber auch die riesigen Geldsummen, die für Olympia gebraucht werden, sowie die finanziellen Verwicklungen von Politik im Allgemeinen ließen die Menschen beim Rückblick auf 2016 an 「金」 denken.

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Als weitere lustige Begründung wurde die Haarfarbe des designierten US-Präsidenten, Donald Trump, angeführt. Die Überraschung dieser Wahl war auch in Japan sehr groß und die fluffige Frisur im güldenen Blond blieb nicht unbemerkt.

 

27f6db0a89b3b767549454948a780af5-300x256Weiteren großen Einfluss hatte ein kurioser japanischer Internethit diesen Jahres auf die Menschen. Ein Künstler namens Pikotaro hat mit „PPAP (Pen-Pineapple-Apple-Pen) einen großen Erfolg gelandet. In dem Video, das man sich hier ansehen kann https://www.youtube.com/watch?v=HFlgNoUsr4k, trägt der Sänger ein seltsam goldenes Outfit.

 

http://www.asahi.com/articles/ASJDC43Y0JDCPLZB11C.html

Schwanger? – 100 Tage Sperrfrist

Als ich heute einen Artikel zum Thema „Namensrecht“ gelesen habe, bin ich auf eine andere Tatsache gestoßen, die mir noch mehr zu denken gab, als das verworrene japanische Namensrecht.

Dies ist die sogenannte „Sperrzeit von 100 Tagen für eine erneute Heirat nach einer Scheidung für schwangere Frauen“. Das bedeutet im Klartext: Will eine Frau nach einer Scheidung frühzeitig erneut heiraten, so muss sie erst einen Arzt aufsuchen. Dieser muss ihr bestätigen, dass sie nicht schwanger ist. Ansonsten darf sie für einen Zeitraum von 100 Tagen nicht erneut heiraten, unabhängig davon, ob die Scheidung einvernehmlich ist und einer erneuten Partnerschaft auch sonst nichts im Wege steht.

Warum? Weil das japansiche Zivilrecht es sich in Fragen „Vaterschaft“ mehr als leicht macht. Darin heißt es, dass alle Kinder, die innerhalb von 300 Tagen nach einer Scheidung geboren werden, als Kinder des Exmannes zu betrachten sind. Und alle Kinder, die nach 200 Tagen nach einer Heirat geboren werden, die Kinder des gegenwärtigen Ehemannes sind. Also muss ein Zeitraum von 100 Tagen überbrückt werden, um Streitigkeiten bezüglich der Vaterschaft zu verhindern. Jeder Mann weiß, welches Kind ihm gehört.

Früher betrug diese Art der Sperrfrist für schwangere Frauen sogar sechs Monate. Dagegen wurde im vergangenen Jahr vor dem Obersten Gerichtshof Japans geklagt und es wurde geurteilt, dass eine Sperrfrist, die 100 Tage übersteigt, verfassungswidrig sei. Nur zwei von 15 Richtern waren der Ansicht, dass eine Sperrfrist an sich schon gegen die Verfassung und gegen die Selbstbestimmungsrechte der Frau verstößt. Die übrigen vertraten die Haltung, dass eine Sperrfrist von 100 Tagen nötig sei, um die soziale Stellung des Kindes zu sichern.

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Diese Regelungen zeigen eine enorme Realitätsferne. Zunächst werden Kinder nicht nur innerhalb von Ehen geboren. Sie werden vorher, parallel dazu mit anderen Partnern oder später gezeugt. Dies wird ausgeschlossen oder schlichtweg ignoriert. Nachwievor besteht die Vorstellung, dass Kinderkriegen nur in Ehen stattfindet.

Des weiteren ignoriert diese Sperrfrist grundlegende Selbstbestimmungsrechte der Frauen. Ihr Uterus ist mit dem Kind des Exmannes belegt. Eine Verbindung zu ihrem Exmann ist nicht aufzuheben, es sei denn, sie würde das Kind abtreiben. Die Möglichkeit mit einem neuen Partner / Ehepartner neu zu starten und das Kind als Kind des neuen Partners zu betrachten, wird so ausgeschlossen.

Das ganze ist eklatant nur vom Standpunkt der Männer und potentiellen Väter her gedacht. Es wird über den Kopf der Frauen und Kinder hinweg der „Besitzer“ des Kindes „errechnet“. Sicher ist es bequemer, eine solche Fristenlösung zu verwenden, statt sich mit Vaterschaftstests rumzuschlagen. In einer modernen Industrienation sollte es jedoch möglich sein, Regelungen zu finden, die die Rechte der Frauen anerkennen und nicht vollends an der Realität vorbeischrammen.

Quellen:

http://digital.asahi.com/articles/ASJCP7FLSJCPUTIL04D.html?_requesturl=articles%2FASJCP7FLSJCPUTIL04D.html&rm=564

und

http://www.asahi.com/articles/ASJ5075XZJ50UTIL06D.html