Hat man einmal die geschützte Umgebung der Gastfamilie oder des internationalen Wohnheimes verlassen und schaut sich auf dem Wohnungsmarkt nach einer neuen Bleibe um, so wird man als Nicht-Japaner oftmals mit ungeahnten Problemen konfrontiert. Denn es gibt kein Gesetz, das Hausbesitzern verbieten würde, aufgrund der Nationalität einen Bewerber per se auszuschließen. Das heißt, Vermieter und Hausverwaltung können offen ausländische Bewerber aufgrund ihrer Nationalität rundweg ablehnen oder ihnen verschärfte Bedingungen auferlegen.
Dabei scheint es keinen Unterschied zu machen, ob die Bewerber gut ausgebildet sind, gut bezahlt werden und eine sichere Arbeitsstelle vorzuweisen haben. So waren selbst Universitätsprofessoren oder Angestellte japanischer Firmen ausländischer Herkunft unerwünscht. Auch Nicht-Japaner, die schon lange in Japan leben und nahezu perfekt Japanisch sprechen, haben diese Erfahrung gemacht. Selbst Personen, die einen japanischen Elternteil haben oder deren Ehepartner Japaner ist, wurden kategorisch ausgeschlossen. Besonders skeptisch werden potentielle Mieter aus dem asiatischen Ausland beäugt. Hier halten sich Vorurteile hartnäckig, da einzelne Fälle, in denen weitere Personen unerlaubterweise mit in der Wohnung lebten, medial Wellen geschlagen haben.
Einer Umfrage des Justizministeriums zufolge gaben 40% der befragten Ausländer an, die in den letzten 5 Jahren auf Wohnungssuche waren, aufgrund ihrer Herkunft abgelehnt worden zu sein. Es wird vermutet, dass etwa 60% der Wohnungen auf dem Markt von vornherein für ausländische Bewerber unerreichbar sind.
Besteht kein genereller Ausschluss ausländischer Mieter, ist in vielen Fällen mit gesonderten Auflagen, mehr Papierkram und höheren Kosten zu rechnen. Es ist Usus, dass Ausländer die doppelte Summe an Kaution und Schlüsselgeld zahlen müssen (Schlüsselgeld kann zwischen einer und drei Monatsmieten betragen und wird nicht bei Ende des Vertrages zurückerstattet; es ist mehr eine Art unfreiwilliges Geschenk an den Vermieter). Des weiteren verlangen Hausbesitzer oder die Verwaltung häufig einen Bürgen (japanischer Herkunft), der im Falle von Mietschulden oder Schäden an der Mietsache die Kosten übernimmt. Dieser Bürge kann eine Privatperson oder auch eine Firma sein. Handelt es sich um den Arbeitgeber, könnte dies im schlechtesten Fall sogar als Druckmittel gegen den ausländischen Arbeitnehmer verwendet werden.
Doch wieso wird nicht-japanischen Bewerbern das Leben so schwer gemacht? Größte Angst der Hausbesitzer und -verwaltungen sind Probleme aufgrund von (vermuteten) Sprachbarrieren. Die Vorstellung sitzt tief, dass Ausländer nicht in der Lage sind, sich auf Japanisch zu verständigen. Weiterhin werden Ausländer verdächtigt, sich nicht an die Regeln des Zusammenlebens, insbesondere in Bezug auf Mülltrennung und -beseitigung, zu halten. Hinzu kommt die Befürchtung, dass die ausländischen Mieter bei der Zahlung der Miete in Verzug geraten und im Zweifelsfall über alle Berge sind. Diese negativen Bilder halten sich auch deshalb so gut, da der Großteil der Hauseigentümer bereits jenseits der 60 ist und sich kaum bereit zeigt, Klischees zu revidieren. Laut Japan Times liegen jedoch keine statistischen Belege vor, die diese Behauptungen unterstützen. Vielmehr stehen Nicht-Japaner ständig unter dem Druck, beweisen zu müssen, dass sie weder unzuverlässig oder unordentlich noch rebellisch sind.
Makler und spezielle Verwaltungsfirmen schlagen Gewinn aus dieser Situation. Sie mieten unter dem Namen der Firma Wohnraum, leisten Zahlungen, übernehmen Kosten für die Instandhaltung und treten als Bürge ein. Diese Wohnungen werden dann an Ausländer weitervermietet. Natürlich fallen für den Mieter dadurch zusätzliche Kosten an. Darüber hinaus wird dieser Service bei weitem nicht im ganzen Land angeboten.
Ohne eine solide gesetzliche Grundlage wird es kaum möglich sein, die Situation ausländischer Mieter in Japan zu verbessern. Auch die Klage eines belgischen Studenten gegen seine Ablehnung aufgrund seiner Nationalität wurde abgewiesen. Das Gericht sah in der Weigerung der Hausbesitzer keinen Verstoß gegen die Menschenrechte des ausländischen Bewerbers, der sich diskriminiert fühlte. Gegenwärtig haben Vermieter und Verwaltung freie Hand, was den Umgang mit und die Auflagen für ausländische Mieter betrifft. Bestrebungen, die Lage zu verbessern, sind zwar vorhanden; beispielsweise werden nun Leitlinien in mehreren Sprachen herausgegeben, um ausländische potentielle Mieter besser zu informieren und Missverständnissen vorzubeugen. Aber die großen Vorbehalte in den Köpfen der Menschen werden kaum durch gutes Zureden zu beseitigen sein.
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