Als ich heute einen Artikel zum Thema „Namensrecht“ gelesen habe, bin ich auf eine andere Tatsache gestoßen, die mir noch mehr zu denken gab, als das verworrene japanische Namensrecht.
Dies ist die sogenannte „Sperrzeit von 100 Tagen für eine erneute Heirat nach einer Scheidung für schwangere Frauen“. Das bedeutet im Klartext: Will eine Frau nach einer Scheidung frühzeitig erneut heiraten, so muss sie erst einen Arzt aufsuchen. Dieser muss ihr bestätigen, dass sie nicht schwanger ist. Ansonsten darf sie für einen Zeitraum von 100 Tagen nicht erneut heiraten, unabhängig davon, ob die Scheidung einvernehmlich ist und einer erneuten Partnerschaft auch sonst nichts im Wege steht.
Warum? Weil das japansiche Zivilrecht es sich in Fragen „Vaterschaft“ mehr als leicht macht. Darin heißt es, dass alle Kinder, die innerhalb von 300 Tagen nach einer Scheidung geboren werden, als Kinder des Exmannes zu betrachten sind. Und alle Kinder, die nach 200 Tagen nach einer Heirat geboren werden, die Kinder des gegenwärtigen Ehemannes sind. Also muss ein Zeitraum von 100 Tagen überbrückt werden, um Streitigkeiten bezüglich der Vaterschaft zu verhindern. Jeder Mann weiß, welches Kind ihm gehört.
Früher betrug diese Art der Sperrfrist für schwangere Frauen sogar sechs Monate. Dagegen wurde im vergangenen Jahr vor dem Obersten Gerichtshof Japans geklagt und es wurde geurteilt, dass eine Sperrfrist, die 100 Tage übersteigt, verfassungswidrig sei. Nur zwei von 15 Richtern waren der Ansicht, dass eine Sperrfrist an sich schon gegen die Verfassung und gegen die Selbstbestimmungsrechte der Frau verstößt. Die übrigen vertraten die Haltung, dass eine Sperrfrist von 100 Tagen nötig sei, um die soziale Stellung des Kindes zu sichern.
Diese Regelungen zeigen eine enorme Realitätsferne. Zunächst werden Kinder nicht nur innerhalb von Ehen geboren. Sie werden vorher, parallel dazu mit anderen Partnern oder später gezeugt. Dies wird ausgeschlossen oder schlichtweg ignoriert. Nachwievor besteht die Vorstellung, dass Kinderkriegen nur in Ehen stattfindet.
Des weiteren ignoriert diese Sperrfrist grundlegende Selbstbestimmungsrechte der Frauen. Ihr Uterus ist mit dem Kind des Exmannes belegt. Eine Verbindung zu ihrem Exmann ist nicht aufzuheben, es sei denn, sie würde das Kind abtreiben. Die Möglichkeit mit einem neuen Partner / Ehepartner neu zu starten und das Kind als Kind des neuen Partners zu betrachten, wird so ausgeschlossen.
Das ganze ist eklatant nur vom Standpunkt der Männer und potentiellen Väter her gedacht. Es wird über den Kopf der Frauen und Kinder hinweg der „Besitzer“ des Kindes „errechnet“. Sicher ist es bequemer, eine solche Fristenlösung zu verwenden, statt sich mit Vaterschaftstests rumzuschlagen. In einer modernen Industrienation sollte es jedoch möglich sein, Regelungen zu finden, die die Rechte der Frauen anerkennen und nicht vollends an der Realität vorbeischrammen.
Quellen:
und
http://www.asahi.com/articles/ASJ5075XZJ50UTIL06D.html