Lieber sterben, als zur Schule gehen: Selbstmorde unter Schülern

(Asahi Shimbun, 30.08.2016)

Alljährlich rückt mit dem Ende der Ferien ein trauriges Thema in den Fokus der japanischen Medien, denn zu dieser Zeit erreichen Selbstmordfälle unter Schülern ihren Höhepunkt.

Während in der Gesamtbevölkerung die Fälle von Selbstmord immer weiter sinken, steigen sie unter den den Mittel- und Oberschülern1.

Vergangenes Jahr haben 102 Mittelschüler Selbstmord begangen. Dies ist der zweithöchste Wert seit dem Jahr 1986 mit 133 Fällen, in dem sich eine beliebte Sängerin das Leben nahm. Auf 100.000 Mittelschüler kommen etwa 2, 94 Kinder, die Selbstmord begehen. Unter den Oberschülern haben im letzten Jahr 241 Jugendliche Selbstmord begangen. Auf 100.000 Schüler kommen hier 7,26 Fälle.

Selbstmorde von Kindern treten hauptsächlich zum Ende der Ferien auf, besonders zum Ende der Sommerferien. Eine Untersuchung der Selbstmordzahlen nach Datum hat ergeben, dass während der letzten 40 Jahre allein am 1. September insgesamt 131 Fälle zu beklagen sind.

Als Gegenmaßnahme sollen Streifen besonders vor und nach Beginn des zweiten Schulhalbjahres an Bahnhöfen und Bahnübergängen Hinweise auf Selbstmord beobachten und so einen Suizid auf den Gleisen verhindern.

bahnübergang

Außerdem ist geplant, in den Schulen verstärkt Unterricht zur Prävention von Selbstmord durchzuführen. Im Ethikunterricht soll den Kindern vermittelt werden, wie sie auch in schweren Zeiten Kraft finden, um nicht aufzugeben. Hauptbotschaften sind: „Jeder macht mal eine schwere Zeit durch“, „Wenn ihr Sorgen habt, dann bittet um Hilfe“ und „Wenn es euren Freunden schlecht zu gehen scheint, dann wendet euch an einen Erwachsenen, dem ihr vertraut“. Darüber hinaus gibt es für Schüler, die lieber sterben würden, als weiterhin zur Schule zu gehen, die Möglichkeit, sich beurlauben zu lassen.

Gleichzeitig werden Weiterbildungsprogramme für Lehrer angeboten, in denen zum Beispiel der Umgang mit Schülern, die sich selbst verletzten, besprochen wird. Beispielsweise sollen die Lehrer diesen Kinder nicht das Versprechen abnehmen, Ritzen oder ähnliches einfach einzustellen. Dies führt nur dazu, dass sie sich weiter zurückziehen.

Das japanische Gesundheitsministerium hat eigens einen Verantwortlichen zur Bekämpfung von Selbstmord. Auch dieser ist angesichts der hohen Zahlen eher ratlos. Er gibt zu bedenken, dass oftmals kein Abschiedsbrief bei jüngeren Schülern zu finden ist und somit die Motive und Ursachen nur schwer zu erkennen sind. Zudem betont er die Notwendigkeit, ein Umfeld zu schaffen, in dem es leicht ist, sich mit seinen Sorgen jemandem anzuvertrauen.

1 Die Mittelschule umfasst drei Schuljahre, zur Einschulung sind die Kinder 12 oder 13 Jahre alt; die Oberschule umfasst ebenfalls drei Schuljahre, zum Einschulungszeitpunkt sind die Schüler 15 oder 16 Jahre alt.

Mitsubishi schreibt rote Zahlen im Schiffbau

(Asahi Shimbun, 28.08.2016)

Mitsubishi, das als einziges japanisches Unternehmen Kreuzfahrtschiffe baut, konnte seit 10 Jahren keinen Gewinn mehr mit Passagierschiffen erzielen. Nun steht das Unternehmen vor der schweren Entscheidung, den Bereich des Schiffbaus ganz einzustellen.

Dabei hat der Schiffsbau bei Mitsubishi eine lange Tradition. Seit 1887 wurden etwa 100 Schiffe ausgeliefert. Auch gegen die Konkurrenz aus China oder Südkorea konnte man sich lange Zeit behaupten.

Doch dem Schiffsbau wurde ein herber Rückschlag versetzt, als 2002 während des Baus auf einem Schiff ein Brand ausbrach und dies dazu führte, dass das Unternehmen sich verstärkt anderen Bereichen zuwandte. In der Zwischenzeit schritt die Digitalisierung auch im Schiffsbau immer weiter voran: die Bereitstellung von Internet in allen Schiffskabinen ist Standard geworden. Diesen Anforderungen konnte Mitsubishi beim Auftrag für die Aida Cruse Line von 2011 nur schwer gerecht werden. Hinzu kam, das ganze drei mal während des Baus der Aida Prima ein Feuer die Arbeiten unterbrach. Die Ablieferung verzögerte sich, das Unternehmen geriet in rote Zahlen und das Schiff konnte erst in diesem Jahr übergeben werden.

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Ob es nun möglich sein wird, den Auftrag für ein weiteres Schiff, ebenfalls für Aida, überhaupt auszuführen, ist unklar. Bei einem Minus von etwa 2.016.000.000 Euro im März 2016 und einem zu erwartenden Gewinn durch den Auftrag von etwa 876.678.000 Euro wäre der Verlust noch immer erheblich. Die vollständige Aufgabe des Schiffsbaus wird somit immer wahrscheinlicher.

Einziger Hoffnungsschimmer ist die große Reederei Nihon Yuusen. Deren Vorsitzender hat auf der Versammlung der Hauptaktionäre angedeutet, dass seine Firma gerne ihr nächstes Schiff bei einem japanischen Unternehmen in Auftrag geben würde.

Die Entscheidung liegt bei Mitsubishi, dieses Risiko auf sich zu nehmen.

http://www.asahi.com/articles/ASJ8V44R1J8VULFA00D.html

Niedergang der Love Hotels

(Asahi Shimbun, 22.08.2016)

Wer sich ein bisschen mit Japan beschäftigt hat, der  hat auch schon von den sogenannten Love Hotels, den Stundenhotels, gehört. Diese Refugien für Liebespaare, heimlichen Affären, gestresste Eltern usw., haben seit einiger Zeit mit einem Rückgang der Gästezahlen zu kämpfen.

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Mögliche Ursachen: günstige Alternativen wie Karaokeboxen oder Zweierplätze in Internetcafes für Paare sowie die Tatsache, dass immer weniger junge Japaner ein Auto besitzen. Auch die „fortschreitende Entwicklung zu Pflanzenfressern“ junger Japaner wird dafür verantwortlich gemacht. (Damit ist ein allgemeines Desinteresse an sexuellen Begegnungen gemeint. Zu diesem sozialen Phänomen, bzw. der Begrifflichkeit bedarf es einer längeren Erläuterung).

Somit stehen viele Betreiber vor finanziellen Schwierigkeiten. Die Rettung könnte in Form von ausländischen Touristen, vor allem chinesische Reisegruppen, kommen. Vereinzelt wurden Hotels schon aufwändig renoviert und umgestaltet. Rosa Wände werden weiß gestrichen, statt eines Bettes für ein Paar zwei einzelne Betten aufgebaut, große Spiegel werden entfernt und Kühlschränke in die Zimmer gestellt.

Doch nicht alle Hotelbetreiber können diese Belastung alleine stemmen. Sie haben zudem das Problem, dass öffentliche Geldinstitute nicht bereit sind, ihnen Kredite zu gewähren, da Love Hotels ein anrüchiges Image haben. In iher Not wendet sich die Hotelgewerkschaft nun an die Politik und bittet um entsprechende Mittel oder Pläne zur Wiederbelebung des Geschäfts.

Es gibt auch kritische Stimmen, die befürchten, dass es bei ausländischen Touristen keinen guten Eindruck macht, wenn sie in ehemaligen Love Hotels untergebracht werden. Außerdem sei es ein Unterschied, ob man täglich eine große Zahl an Ein- und Abreisen habe oder aber Gäste über mehrere Tage hinweg entsprechend bewirten müsste.

Dem widerspricht, dass es bereits jetzt ausländische Touristen gibt, die Love Hotels als günstige Alternative zu übrigen Hotels oder als intimen Rückzugsort nutzen.

 

http://digital.asahi.com/articles/ASJ8M5CJKJ8MUTIL017.html?_requesturl=articles%2FASJ8M5CJKJ8MUTIL017.html&rm=1123