Japanreise 2013

Planung

Als meine Eltern mir vom anderen Ende der Welt aus erzählten, sie und mein Bruder würden mich gerne in Japan besuchen kommen, wusste ich kurz nicht, ob ich mich einfach freuen oder aber den plötzlich losgehenden Alarmglocken irgendwo in meinem Unterbewusstsein Beachtung schenken sollte. Klar, ich war jetzt schon länger als ein halbes Jahr von ihnen fort und sicher wollte ich sie auch gerne sehen. Aber ich hatte ein wenig die Befürchtung, dass meine lieben,  bodenständigen Eltern aus dem norddeutschen Tiefland sich in Japan nicht zurecht finden würden. Auf jeden Fall würde es eine Herausforderung für alle Beteiligten sein. Bei meinem Bruder machte ich mir naturgemäß weniger Sorgen, war er doch selber grade aus Südafrika zurückgekehrt.

Der Gedanke, dass ich meinen Bruder bei Vorbereitung und Durchführung des Besuchs als tatkräftige Unterstützung zur Seite haben würde, beruhigte mich dann auch dahingehend, dass ich mich ehrlich über diese Ankündigung freuen und das flaue Gefühl im Magen ignorieren konnte.

Rückblickend muss ich sagen, dass alle Beteiligten a) viel Mut, Geduld und Offenheit mitbrachten und b) wir die Planung derart gestaltet haben, dass Wünschen, spontanen Ideen und unvorhergesehnen Ereignissen genug Platz eingeräumt wurde und somit die Reise eine schöne und interessante Erinnerung bleibt, die man gern immer wieder hervorholt. Punkt a) hat sicher viel mit Charaktereigenschaften zu tun. Doch Punkt b) ist eine Möglichkeit, sich auf einer Individualreise im Land der aufgehenden Sonne nicht vollständig verloren vorzukommen. Als Inspiration möchte ich hier einige Highlights erwähnen und Tipps mitgeben.

Wie also reist man „erfolgreich“ durch Japan?

Alle größeren Projekte haben es so an sich, dass sie einer mehr oder weniger gründlichen Vorbereitungs- und Planungsphase bedürfen. Diese Aufgabe war überwiegend uns Kindern überlassen. Wichtige Fragen, die wir im Vorfeld klären mussten:

Art der Reise (Individual/Pauschal)

Dauer der Reise (Tage/Wochen)

Kosten der Reise (Minimu/Maximum)

Ziele der Reise (feste Ziele/spontane Ziele)

Für uns war von vornherein klar, dass wir nicht irgendwelche Gruppenreisen wollten. Ich wurde als persönliche Reiseführerin/Dolmetscherin/Übersetzerin/Person mit interkulturellen Kompetenzen betrachtet, was das elendige Abklappern von Sightseeingspots in einer Touristengruppe überflüssig machen würde. Wir wollten möglichst frei entscheiden können. Deshalb kam schon früh die Idee auf, sich im Verlauf der Reise ein Auto zu mieten und mit diesem auf eigene Faust das Land zu erkunden.

Da es in Japan viel zu sehen gibt, lohnt sich ein kurzer Aufenhalt eher weniger. Wir haben uns damals nur auf der Hauptinsel Honshu bewegt und selbst dabei unzählige Eindrücke mitgenommen und interessante Menschen getroffen. Sicher möchte man viele Orte besichtigen, jedoch halte ich es für kontraproduktiv, in Japan von einem Tempel zum nächsten zu hetzen. Es sollten schon mindestens 10 Tage sein, wenn man Japan bereist.

Aber natürlich ist dies auch eine Frage der finanziellen Situation. Reisen nach Japan sind teuer. Zu berücksichtigen sind hier unter anderem Flug, Übernachtungen, Essen, Eintrittsgelder, Fortbewegungsmittel, Leihgebühr fürs Smartphone / Internet usw.. Auf jeden Fall solltet ihr neben einer Kreditkarte auch genügend Yen dabeihaben, da Bargeld immer gern gesehen ist. Geldwechseln ist auch vor Ort möglich, aber je nach Wechselkurs kann es besser sein, schon in Deutschland Geld einzutauschen.

Osaka und Kyoto

Startpunkt unserer Reise war Osaka. Dort sammelte ich meine gejetlagten Familienmitglieder ein. Direkt am Flughafen liehen wir uns ein Smartphone für die Reise, um auch unterwegs immer ordentliches Internet zur Verfügung zu haben.

Osaka ist eine große und lebendige Stadt, in der es sicher viel zu sehen gibt. Die abendlichen Lichter der Einkaufsstraßen und Touristenviertel können jedoch für übermüdete Deutschen vom Lande etwas anstrengend sein, weshalb wir nur kurz durch die Straßen spazierten.

Nächster Stop war Kyoto, wo wir den wunderschönen Tempel Kyomizudera kurz vor Kassenschluss in aller Ruhe besichtigen konnten.

Das beste an dem Tag war jedoch, dass wir danach in einer kleine Eckkneipe landeten. Außer den netten Gesellen, die dort zum Inventar gehörten, waren nur wir vier dort. Nach kurzer Zeit, als deutlich wurde, dass ich Japanisch konnte, begannen eben jene herzlichen Gesellen, uns mit Sake zu versorgen. Dies führte unweigerlich zur Steigerung der guten Laune und dazu, dass wir uns nicht mehr so ganz in der Lage sahen, den Weg zum Hostel zu Fuß zurückzulegen, sondern uns von einem dieser weiß-behandschuhten Taxifahrer jenseits der 60 nach Hause bringen ließen.

Neben dem erwähnten Kyomizudera ist auch der Bambuswald etwas außerhalb der Stadt einen Besuch wert. Wir waren besonders clever und haben uns vor Ort Räder geliehen. Eine ganze Weile radelten wir durch die Ortschaft und den Wald, als plötzlich mein Bruder hellauf begeistert irgendetwas rief und in die Pedale trat. „Affen! Da steht, dass es oben auf dem Berg Affen gibt!“ Seine Begeisterung für Affen konnte ich noch nie so ganz teilen, aber was tut man nicht alles, damit Gäste zufrieden sind? Es blieb uns nichts anderes übrig, als ihm folgend diesen Berg in der Sommerhitze zu erklimmen. Tatsächlich. Oben war eine ganze Affenhorde, die sich nicht weiter von den Menschen und Aufsichtspersonen stören ließ. Während mein Bruder begeistert Affen fotografierte, hielten meine Mutter und ich lieber etwas Abstand.

Ein weiterer Umstand, den man sehr zu schätzen lernt, wenn man in Japan unterwegs ist, sind die Kombinis. An jeder Ecke, rund um die Uhr geöffnet, ermöglichen sie abenteuerlichen Ausländern, die nach einem langen Tag noch immer nicht genug haben, sich entsprechend mit (alkoholischen) Getränken einzudecken und am nächsten Tag dafür die Konsequenzen zu tragen. *hust*

Von Kanazawa auf zum Roadtrip

Nachdem wir die Großstädte Osaka und Kyoto gesehen hatten, nahmen wir den Expresszug Richtung Kanazawa, der Stadt, wo ich als Austauschstudentin verortet war. Ab hier begann der eher ungeplante Teil der Reise. In Osaka, Kyoto und Kanazwa hatten wir stets vorher Unterkünfte reserviert und die Sightseeingpunkte geplant. Doch nun wollten wir uns selbstständig mit unserem gemieteten Subaru aufmachen, die ländlicheren Regionen in nordöstlicher Richtung zu erkunden. In Japan Autofahren funktioniert eigentlich ganz gut. Die Straßen sind in sehr gutem Zustand und Tankstellen sind auch genügend vorhanden. Nur nicht vergessen darf man, dass in Japan Linksverkehr herrscht und es eine Weile dauern kann, bis man sich daran gewöhnt. Für die Nutzung der Autobahn müssen Gebühren bezahlt werden. Um Autofahren zu dürfen, benötigt man eine Anerkennung des ausländischen Führerscheins. Gegen Vorlage verschiedener Papiere und einer Bearbeitungsgebühr war es für mich kein Problem, im Vorfeld unsere Führerscheine von der Stadt Kanazawa anerkennen zu lassen. Dem Abenteuer Nordosten stand nichts mehr im Weg.

Matsumoto und Kamikochi

Die Reise mit dem Auto war oftmals ein richtiger Roadtrip. Wir hatten die Freiheit, spontan Ziele zu ändern, zu stoppen oder umzukehren. Außerdem konnte ich so immer mit dem Handy rumtelefonieren und versuchen, uns eine Unterkunft für die Nacht zu besorgen. Denn wir wussten ja nie so genau, wo wir landen würden.

So haben wir unterwegs beispielsweise einen verborgenen Wasserfall gefunden und mein Bruder und mein Vater ließen es sich nicht nehmen, in das eiskalte Wasser zu springen.

Es war auf jeden Fall eine großartige Idee gewesen, nach den hektischen Großstädten aufs Land mit dem Auto zu fahren. Nicht nur waren wir unabhängiger, sondern auch entspannter als vorher.

Ein Highlight dieses Reiseabschnitts war die Stadt Matsumoto in der Präfektur Nagano. Im Gegensatz zum südlichen Teil Honshus war es hier auch im Sommer angenehm frisch und weniger drückend. Die Stadt Matsumoto besitzt eine beeindruckende und sehr interessante Burg, die – da muss ich meinem Bruder Recht geben – eigentlich noch viel cooler ist, als das hochgelobte Schloss von Osaka. Denn diese Burg in Matsumoto war voll und ganz auf Verteidigung ausgerichtet und behergte sogar ein geheimes von außen nicht zu sehendes Zwischenstockwerk. Hier konnten die Samurai ihre Feinde unerkannt ins Visier nehmen und mit Pfeilen beschießen.

Absolut empfehlenswert ist auch ein Besuch in Kamikochi. Dies ist eine Reiseregion am Rand der japanischen Alpen, die viele Leute zum Wandern und Campen einlädt. Dort gibt es glasklare Bäche und beeindruckendes Bergpanorama. Die Luft ist wunderbar frisch und in dieser wunderschönen Natur lässt es sich gut aushalten. Schon beim Erzählen packt mich wieder das Fernweh. Am besten versucht man, hier nicht während der Hauptsaison hinzufahren, da die übrigen Touristen doch etwas störend sein können.

End of Roadtrip

Von Nagano aus machten wir uns wieder auf den Rückweg gen Westen Richtung Kanazawa. Ein Tag am japanischen Meer markierte den Endpunkt unserer langen und aufregenden Reise. Grade wollten wir das Auto beim Autoverleih abliefern, da hätten wir doch glatt noch einen Strafzettel für das Übersehen eines Stopschilds kassiert. Dies konnte glücklicherweise durch meine gewandte Rethorik und überschwängliche Entschuldigung beim Polizisten verhindert werden – naja, vielleicht hatte der gute Mann auch einfach keine Lust, sich mit vier Deutschen rumzuschlagen. Wer weiß.

Danach trennten sich unsere Wege. Ich setzte meine Eltern und meinen Bruder in den Zug nach Osaka, von wo aus sie am nächsten Tag nach Hause fliegen würden. Einerseits froh, dass alles gut geklappt hatte, andererseits wehmütig, dass die Reise zu Ende war, machte ich mit auf den Heimweg, zurück in mein kleines Studentenwohnheimzimmer.

Fazit

Japan ist wunderschön und sehr vielseitig. Um möglichst viel von Japan zu sehen und zu erfahren, kann ich nur empfehlen, sich auch außerhalb der großen Städte aufs Land zu wagen. Sicher kann man dies auch ohne Auto gut mit der Bahn, Bussen oder vielleicht mit dem Rad. Außerdem bin ich überzeugt, dass weniger oft mehr ist und man sich die Zeit nehmen sollte, auch mal einen halben oder einen ganzen Tag länger an einem Ort zu verweilen. Was in Erinnerung bleibt, sind oft weniger die „typischen“ Touristenspots, sondern eher die versteckteren Schätze, wie eben jener Wasserfall, die man gemeinsam entdeckt hat. Oder aber die Begegnung mit offenen Menschen, die deine Familie und dich auf ein Glas Sake einladen. Oder aber auch der grummelige Polizist, der euch nach einem strengen Blick und mahnenden Worten doch noch dieses eine mal davonkommen lässt. Oder auch die geschwätzige Hotelbesitzerin mit dem gutmütigen Gesicht, die einfach nicht mehr aufhören kann, dich und deine Familie auszufragen. Oder der dicke Japaner nebenan im Zimmer, unter dessen wankendem Gang das Holz der traditionellen Herberge knarzt…

 

 

Bevor die Blutkonserven zur Neige gehen – Innovationen aus Kyoto

Im Jahr 2012 hat der japanische Stammzellenforscher Shinya Yamanaka den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine Entwicklung von iPS-Zellen (induced pluripotent stem cells) erhalten. Das sind Zellen, die in der Lage sein sollen, sich wie eine natürliche Stammzelle in jede beliebige Körperzelle weiterzuentwickeln. Und da im Gegensatz zur Verwendung embryonaler Stammzellen in Forschung und Entwicklung keine ethischen Fragen aufkommen, sind iPS-Zellen äußerst vielversprechend für die Zukunft von Medizin, Biologie und Pharmazie.

Nun hat ein medizinisches Start-up aus Kyoto, Megakaryon Corp., um Genjiro Miwa bekannt gegeben, weltweit die erste Methode zur Massenproduktion von Blutplättchen aus iPS-Zellen gefunden zu haben. Gewöhnlich werden Blutplättchen aus gespendetem Blut anderer Menschen gewonnen und beispielsweise verwendet, um Blutungen nach Unfällen oder bei Operationen zu stillen. Gerade in Japan, wo aufgrund der sinkenden Bevölkerungszahl mit gleichzeitig hohem Altenanteil und geringer Geburtenrate ein weiterer Rückgang an Blutspenden abzusehen ist, setzt man auf die aus iPS-Zellen hergestellten Blutplättchen als Alternative. Außerdem sind aus Blutspenden gewonnene Derivate nur etwa vier Tage haltbar, wohingegen das von den Wissenschaftlern geschaffene Produkt bis zu zwei Wochen verwendet werden kann.

Megakaryon hofft, bis 2020 die Erlaubnis zum Vertrieb des Produkts in Japan und den USA zu erhalten und schließlich auch weltweit agieren zu können. Klinische Versuchsreihen sind für nächstes Jahr geplant. 

 

Quellen:

World’s first method for mass-producing platelets from iPS cells unveiled by Kyoto startup

http://www3.nhk.or.jp/news/html/20170807/k10011092061000.html?utm_int=nsearch_contents_search-items_001

 

Grundkurs Psychologie

In den Präfekturen Aichi und Gifu sowie in der Stadt Nagoya sorgen Poster an Bahnhöfen und Stationen zur Verhinderung von Selbstmorden für reichlich Wirbel. Letztes Jahr wurden etwa 850 der Poster an 441 Bahnhöfen und Stationen aufgehängt. Verantwortlich dafür sind die regionalen Verkehrsunternehmen.

Auf dem Poster werden Mitreisende und Fahrgäste darum gebeten, nach selbstmordgefährdeten Menschen Ausschau zu halten und diese eventuell anzusprechen. Außerdem wird auf die Umstände verwiesen, die Selbstmörder den Mitreisenden bereiten. 

Zu lesen ist dort neben diversen Beratungsnummern:

Selbstmorde stoppen!

Lasst uns alle zusammen das wertvolle Leben schützen!

Bei einem Selbstmord auf den Schienen geht nicht nur ein wertvolles Leben verloren, betroffen sind auch die Sicherheit und die Lebensverhältnisse vieler der Personen, die die Bahnen benutzen.

Wenn Sie jemanden sehen, der (derart) leidet, seien Sie mutig und sprechen Sie ihn an.

Natürlich ist für die Verkehrsunternehmen die Verhinderung von Selbstmorden auch aus einem wirtschaftlichen Blickwinkel heraus ein wichtiges Thema. Die Meitetsu Bahngesellschaft hat beispielsweise jährlich etwa 20-30 Fälle von Selbstmord auf ihrem Schienennetz zu verzeichnen. Die Folgen sind Verspätungen und Schäden, für die Meitetsu auch schon Entschädigungsforderungen an Angehörige gestellt hat.

Kritiker bemängeln, dass eine solche Herangehensweise und Formulierung wie auf dem Poster nicht effektiv ist. Mitglieder von Selbsthilfegruppen Angehöriger weisen zudem darauf hin, dass Hinterbliebene, die sich eh oftmals mit Gewissensbissen und Schuldfragen quälen, dadurch noch weiter gebrandmarkt werden. Denn schließlich hat ja ein Mitglied ihrer Familie anderen Umstände bereitet. Außerdem besteht großer Zweifel, ob akut Gefährdete wirklich durch den Hinweis, sie würden durch einen Sprung vor den Zug andere belästigen, vom Selbstmord abgehalten werden können.

Sicher hat ein Selbstmord auf den Schienen einen großen Einfluss auf die Verkehrsunternehmen und die Fahrgäste. Jedoch ist es mehr als fraglich, ob durch einen öffentlichen Hinweis auf die damit verbundenen „Umstände“ die Zahl der Suizide auf den Gleisen zurückgeht. Ein etwas sensiblerer Umgang mit dem Thema und mehr Einfühlungsvermögen wären wünschenswert. 

Immerhin wurden in der Stadt Nagoya nach Beschwerden nun etwa 140 Poster wieder entfernt.

Quellen:

http://digital.asahi.com/articles/ASK7M5668K7MOIPE02V.html?_requesturl=articles%2FASK7M5668K7MOIPE02V.html&rm=491

https://www.iwai-law.jp/%E3%83%96%E3%83%AD%E3%82%B0/

 

Trautes Heim …

Hat man einmal die geschützte Umgebung der Gastfamilie oder des internationalen Wohnheimes verlassen und schaut sich auf dem Wohnungsmarkt nach einer neuen Bleibe um, so wird man als Nicht-Japaner oftmals mit ungeahnten Problemen konfrontiert. Denn es gibt kein Gesetz, das Hausbesitzern verbieten würde, aufgrund der Nationalität einen Bewerber per se auszuschließen. Das heißt, Vermieter und Hausverwaltung können offen ausländische Bewerber aufgrund ihrer Nationalität rundweg ablehnen oder ihnen verschärfte Bedingungen auferlegen.

Dabei scheint es keinen Unterschied zu machen, ob die Bewerber gut ausgebildet sind, gut bezahlt werden und eine sichere Arbeitsstelle vorzuweisen haben. So waren selbst Universitätsprofessoren oder Angestellte japanischer Firmen ausländischer Herkunft unerwünscht. Auch Nicht-Japaner, die schon lange in Japan leben und nahezu perfekt Japanisch sprechen, haben diese Erfahrung gemacht. Selbst Personen, die einen japanischen Elternteil haben oder deren Ehepartner Japaner ist, wurden kategorisch ausgeschlossen. Besonders skeptisch werden potentielle Mieter aus dem asiatischen Ausland beäugt. Hier halten sich Vorurteile hartnäckig, da einzelne Fälle, in denen weitere Personen unerlaubterweise mit in der Wohnung lebten, medial Wellen geschlagen haben.

Einer Umfrage des Justizministeriums zufolge gaben 40% der befragten Ausländer an, die in den letzten 5 Jahren auf Wohnungssuche waren, aufgrund ihrer Herkunft abgelehnt worden zu sein. Es wird vermutet, dass etwa 60% der Wohnungen auf dem Markt von vornherein für ausländische Bewerber unerreichbar sind.

Besteht kein genereller Ausschluss ausländischer Mieter, ist in vielen Fällen mit gesonderten Auflagen, mehr Papierkram und höheren Kosten zu rechnen. Es ist Usus, dass Ausländer die doppelte Summe an Kaution und Schlüsselgeld zahlen müssen (Schlüsselgeld kann zwischen einer und drei Monatsmieten betragen und wird nicht bei Ende des Vertrages zurückerstattet; es ist mehr eine Art unfreiwilliges Geschenk an den Vermieter). Des weiteren verlangen Hausbesitzer oder die Verwaltung häufig einen Bürgen (japanischer Herkunft), der im Falle von Mietschulden oder Schäden an der Mietsache die Kosten übernimmt. Dieser Bürge kann eine Privatperson oder auch eine Firma sein. Handelt es sich um den Arbeitgeber, könnte dies im schlechtesten Fall sogar als Druckmittel gegen den ausländischen Arbeitnehmer verwendet werden.

Doch wieso wird nicht-japanischen Bewerbern das Leben so schwer gemacht? Größte Angst der Hausbesitzer und -verwaltungen sind Probleme aufgrund von (vermuteten) Sprachbarrieren. Die Vorstellung sitzt tief, dass Ausländer nicht in der Lage sind, sich auf Japanisch zu verständigen. Weiterhin werden Ausländer verdächtigt, sich nicht an die Regeln des Zusammenlebens, insbesondere in Bezug auf Mülltrennung und -beseitigung, zu halten. Hinzu kommt die Befürchtung, dass die ausländischen Mieter bei der Zahlung der Miete in Verzug geraten und im Zweifelsfall über alle Berge sind. Diese negativen Bilder halten sich auch deshalb so gut, da der Großteil der Hauseigentümer bereits jenseits der 60 ist und sich kaum bereit zeigt, Klischees zu revidieren. Laut Japan Times liegen jedoch keine statistischen Belege vor, die diese Behauptungen unterstützen. Vielmehr stehen Nicht-Japaner ständig unter dem Druck, beweisen zu müssen, dass sie weder unzuverlässig oder unordentlich noch rebellisch sind.

Makler und spezielle Verwaltungsfirmen schlagen Gewinn aus dieser Situation. Sie mieten unter dem Namen der Firma Wohnraum, leisten Zahlungen, übernehmen Kosten für die Instandhaltung und treten als Bürge ein. Diese Wohnungen werden dann an Ausländer weitervermietet. Natürlich fallen für den Mieter dadurch zusätzliche Kosten an. Darüber hinaus wird dieser Service bei weitem nicht im ganzen Land angeboten.

Ohne eine solide gesetzliche Grundlage wird es kaum möglich sein, die Situation ausländischer Mieter in Japan zu verbessern. Auch die Klage eines belgischen Studenten gegen seine Ablehnung aufgrund seiner Nationalität wurde abgewiesen. Das Gericht sah in der Weigerung der Hausbesitzer keinen Verstoß gegen die Menschenrechte des ausländischen Bewerbers, der sich diskriminiert fühlte. Gegenwärtig haben Vermieter und Verwaltung freie Hand, was den Umgang mit und die Auflagen für ausländische Mieter betrifft. Bestrebungen, die Lage zu verbessern, sind zwar vorhanden; beispielsweise werden nun Leitlinien in mehreren Sprachen herausgegeben, um ausländische potentielle Mieter besser zu informieren und Missverständnissen vorzubeugen. Aber die großen Vorbehalte in den Köpfen der Menschen werden kaum durch gutes Zureden zu beseitigen sein.

Quelle:

‘No foreign tenants’ — and not much you can do about it

Kopfweh für Kalenderherausgeber

Japans Kaiser Akihito gab vor einiger Zeit öffentlich bekannt, den Rücktritt von seinem Amt in Betracht zu ziehen. Während die Mehrheit der Bevölkerung dafür Verständnis aufbringt, kritisierten konservative Stimmen diese Absicht als Verstoß gegen das Hofprotokoll. Denn normalerweise endet eine Kaiserschaft mit dem Tod des Throninhabers. Nachfolger kann nur ein männlicher Nachkomme des Kaisers, also ein Sohn oder ein Enkel, werden. Kaiserinnen sind nicht vorgesehen, obgleich es bereits Debatten über eine Änderung dieser Regel gab. Nach aktuellem Protokoll verlieren weibliche Mitglieder sogar ihre Zugehörigkeit zum Hof, sobald sie heiraten.

Für den gegenwärtigen Kaiser, der aus gesundheitlichen Gründen abdanken möchte, wird eigens eine Ausnahmeregelung geschaffen. Eine dauerhafte Änderung kommt für die japanische Regierung um den konservativen Premierminister Shinzou Abe vorerst nicht in Frage.

Doch nicht nur in der Bevölkerung und unter Politikern sorgen die Pläne Kaiser Akihitos für Aufregung. Eine Gruppe, für die eine schnelle und eindeutige Regelung sehr wichtig ist, sind die Herausgeber japanischer Kalender.

Denn in Japan spielt neben der westlichen Zeitzählung nach dem gregorianischen Kalender nach wie vor der traditionelle Kalender eine bedeutende Rolle. Dabei werden die Jahre nach ihrer Reihenfolge innerhalb einer Herrscherära benannt. Mit der Thronbesteigung eines neuen Kaisers bricht zugleich eine neue Ära an, die unter einem vorher festgesetzten Motto steht. Beispielsweise befinden wir uns nun (2017) im Jahr Heisei 29, da Kaiser Akihito seine Regentschaft im Jahr 1989 begonnen hat (Heisei 1).

Die Herausgeber japanischer Kalender drängen nun die Regierung, möglichst schnell über den Namen der neuen Regentschaftszeit zu beraten, der für gewöhnlich aus zwei chinesischen Schriftzeichen zusammengesetzt ist. Andernfalls könnten sie in große finanzielle Probleme geraten, da Produktionspläne geändert und hohe Kosten für die Auslagerung von Aufgaben anfallen würden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der jetzige Kaiser im Dezember 2018 alle seine Verpflichtungen an seinen Sohn Naruhito abgeben, sodass mit dem 1. Januar 2019 die neue Regentschaft anbricht. Demzufolge, so die Vertreter der Kalenderherausgeber, wäre eine Entscheidung über den Namen bis zum kommenden Januar äußerst wünschenswert. 

 

Quellen:

Big headache for calendar publishers if new emperor’s era name announcement delayed

 

Veraltetes Sexualstrafrecht kommt in Bewegung

Erstmals seit der Einführung des Strafgesetzbuchs im Jahr 1907 wird die Strafe für sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung und die Definition solcher Taten angepasst. Diese Überarbeitung wurde maßgeblich von der ehemaligen Justizministerin Midori Matsushima vorangetrieben. Besonders bestürzt war sie von der Tatsache, dass Raub zum Teil härtere Strafen nach sich zieht, als eine Vergewaltigung.

Die minimale Strafe für eine Vergewaltigung beträgt gegenwärtig drei Jahre. Zieht die Tat ernsthafte Verletzungen oder gar den Tod des Opfers nach sich, ist selbst dann eine Mindeststrafe von fünf Jahren möglich. Demgegenüber beträgt die minimale Strafe für einen Raubüberfall fünf Jahre und für einen Raubüberfall mit ernsthaften Verletzungen oder Todesfolge sechs Jahre.

Die bevorstehende Änderung betrifft zunächst die Definition von Vergewaltigung. Nicht bloß erzwungener vaginaler Geschlechtsverkehr soll nun als Vergewaltigung anerkannt werden, sondern auch erzwungene orale und anale Praktiken fallen künftig darunter. Dies ermöglicht, dass auch Männer als Opfer anerkannt werden und Frauen als Täter in Frage kommen. Darüber hinaus soll der herkömmlichen Ausdruck für Vergewaltigung „gokan“ durch einen anderen Ausdruck ersetzt werden, da „gokan“ eine Tat impliziert, in der Frauen stets die Opfer sind. Weiterhin wird es nicht mehr zwingend erforderlich sein, dass das Opfer selbst die Tat zur Anzeige bringt. Auch Dritte können Anzeige erstatten, was die große psychologische Belastung für Opfer reduzieren kann. Zudem soll die Mindeststrafe für Vergewaltigung auf fünf Jahre angehoben werden.

Hinzu kommt ein neuer Straftatbestand für Erziehungsberechtigte, die ihre Schutzbefohlenen missbrauchen. Dadurch wird die strafrechtliche Verfolgung von Taten gegen Kinder und Jugendliche durch Eltern vereinfacht. In diesen Fällen ist es zudem nicht mehr nötig, die Anwendung von Gewalt und Zwang bei der Tat nachzuweisen. Zu bemänglen bleibt jedoch, dass diese Ausweitung nicht auf weitere Erwachsene im näheren Umfeld der Kinder, wie zum Beispiel Verwandte, Lehrer oder Trainer, anzuwenden ist.

Umstritten bleibt die generelle Regelung, dass nur dann von Vergewaltigung oder sexueller Nötigung gesprochen wird, wenn der Täter den Widerstand des Opfers mit „Gewalt und Drohung“ überwindet. An diesem Punkt ist zu kritisieren, dass in der Realität die Opfer oftmals unter Schock stehen oder aus Angst keine Versuche unternehmen, den Übergriff abzuwenden.

Die längst überfällige Revision des Sexualstrafrechts weist auf einen Wandel in Bezug auf überholte Wertmaßstäbe hin. Die bisherige Gesetzeslage versuchte lediglich, den Raub der „Reinheit“ der Frau, die durch vaginalen erzwungenen Sex genommen wird, zu bestrafen. Nun soll die Würde der Opfer und die Bedeutung ihrer Menschenrecht mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Japan ist auf einem guten Weg in die richtige Richtung. Die Veränderungen zeigen, dass die alten Gesetze als unzureichend angesehen werden.

http://www.japantimes.co.jp/news/2017/03/06/reference/revisions-seek-bring-japans-archaic-sex-crime-laws-modern-era/#.WL_IZ2YiyUk

Der Skandal um die Moritomo-Grundschule (2)

Der Skandal um Moritomo Gakuen, ihren Vorsitzenden Yasunori Kagoike und die Verwicklungen der LDP um Shinzo Abe in die Sache geht in die nächste Runde. Wie es scheint, gibt es nicht nur Unstimmigkeiten in Bezug auf den Grundstückspreis der neu gebauten Grundschule, auch die Summen, die zwischen der Baufirma geflossen sind und die Moritomo Gakuen ausgegeben haben will, unterscheiden sich beträchtlich. Während Moritomo von Kosten in Höhe von etwa 2 Billionen Yen spricht, ist tatsächlich nur ein Drittel dieses Preises mit der Baufirma ausgemacht worden. Aufgrund der unklaren Lage hat der Gouverneur der Präfektur Osaka die Eröffnung der Schule erst einmal auf Eis gelegt. Er besteht auf einer weiteren Untersuchung und Aufklärung.

Zugleich lehnt die LDP die Forderung der Opposition ab, Herrn Kagoike als unvereidigten Zeugen im Parlament zu befragen. Ihrer Meinung nach ist es nicht angebracht, eine Privatperson, der zunächst kein Vergehen nachgewiesen worden ist, im Parlament zu verhören. Derweil hat selbst Premierminister Abe einräumen müssen, dass die Regierung nicht in der Lage ist, die Angelegenheit zufriedenstellend aufzuklären. Die Notwendigkeit einer umfassenden Klärung steigt mit dem nationalen Druck und dem zunehmenden internationale Interesse an der Geschichte.

Des Weiteren besteht die Opposition darauf, Verantwortliche des Finanzministeriums anzuhören, die in den Ablauf des Verkaufs involviert waren. Sie sollen erklären, wie es zu der Reduzierung des ursprünglich veranschlagten Grundstückspreises von etwa 956 Millionen Yen auf 134 Millionen Yen kommen konnte.

Auch die Rolle, die Akie Abe in dieser Sache spielt, wird weiter heftig debattiert. Während ihr Mann darauf besteht, dass sie als Privatperson den Kindergarten der Moritomo Gruppe besucht und dort eine Rede gehalten hat, stellen andere Politiker dies infrage, da sie dabei auch von Beamten der Regierung begleitet wurde. Außerdem wurde sie dort in ihrer Rolle als Frau des Premierministers angekündigt und dies kann durchaus als öffentliches Amt betrachtet werden.

http://www.japantimes.co.jp/news/2017/03/07/national/moritomo-gakuen-seen-telling-state-school-cost-three-times-build-claimed-contract/#.WL_JQWYiyUk

http://digital.asahi.com/articles/ASK374W4PK37UTFK00L.html?_requesturl=articles%2FASK374W4PK37UTFK00L.html&rm=779

Der Skandal um die Moritomo-Grundschule

Japans Premierminister Shinzo Abe droht ein Skandal im Zusammenhang mit einer neu gegründeten Grundschule in Osaka. Diese Grundschule gehört zur Bildungskörperschaft Moritomo, die bereits einen Kindergarten betreibt. Dieser Kindergarten hat wegen idiologisch-nationalistischer Erziehung der Kinder negative Schlagzeilen gemacht.

Neben schriftlichen Unterlagen und Aussagen von Eltern konnte durch ein Video festgestellt werden, dass den Kindern dort rechte politische Gedanken eingetrichtert werden. Rassismus und eine verklärende Sicht auf Japan werden vermittelt. Ein Video, das auf Twitter verbreitet wurde, zeigt den Beginn eines Sportfestes. Darauf sind die Kinder zu sehen, die einen Schwur leisten, in dem sie unter anderem die Erwachsenen dazu aufrufen, Japan und insbesondere auch die umstrittenen Gebiete gegen andere Länder zu verteidigen. Des weiteren wird China und Korea konkret vorgeworfen, im Bezug auf die Geschichte Lügen zu verbreiten. Und auch ein extra Lob für den großen Premierminister bleibt nicht aus.

Hier werden kleine Kinder mit rechtem Gedankengut infiltriert. Dies ist eindeutig gesetzwidrig und das Erziehungsministerium müsste möglichst bald ein Machtwort sprechen, was noch nicht geschehen ist.

Leiter von Moritomo ist ein Mann namens Yasunori Kagoike, der ein einflussreiches Mitglied der Nippon-Kaigi ist. Diese Gruppierung ist für ihre nationalisitschen Tendenzen bekannt und hat viele Mitglieder in hohen Regierungskreisen zu verzeichnen. Zu ihren Zielen erklärt sie unter anderem: Verstärkte Verehrung der kaiserlichen Familie, ein nationales Recht auf Verteidigung, die Familie als Kern des Staates und Stärkung des Shinto als japanischer Urreligion. Hinzu kommt eine offen feindliche und verachtende Haltung gegenüber China und Korea sowie die Ablehnung einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte.

Für kurze Zeit war Abes Frau Akie als Ehrendirektorin von Moritomo mit einem Grußwort auf der Homepage vertreten. Darin hat sie die Ausrichtung der Schule, die den Nationalstolz fördern und die Kinder moralisch erziehen will, gelobt. Nach Protesten und Widerstand sowie kritischen Nachfragen aufgrund finanzieller Ungereimtheiten ist sie von diesem Amt zurückgetreten. Ihr Beitrag wurde von der Hompage entfernt.

Wie japanische Medien berichten, konnte die Bildungskörperschaft Moritomo das staatseigene Land zu einem Spottpreis erwerben. Nur etwa 14% des offiziellen Preises mussten bezahlt werden. Offizielle Stellen begründen dies damit, dass im Vorfeld umfangreich Industrieabfall durch Moritomo beseitigt werden musste. Ein eindeutiger Beleg dafür, dass entsprechende Arbeiten durchgeführt worden sind, steht noch aus.

Abe selbst ließ verlauten, falls ihm eine Verwicklung in die dubiose Bezahlung des Grundstückes nachgewiesen werden könne, so werde er von seinem Amt zurücktreten. Auch habe seine Frau die Ernennung zur Ehrendirektorin der Schule zunächst nicht ablehnen können, nachdem dies wohl voreilig verkündet worden sei.

Quellen:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/shinzo-abe-betreibt-in-japan-nationalismus-14887395.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 <http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/shinzo-abe-betreibt-in-japan-nationalismus-14887395.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2>

https://hbol.jp/130689

https://www.theguardian.com/world/2017/feb/24/shinzo-abe-wife-akie-under-pressure-ties-ultra-nationalist-school-japan

http://headlines.yahoo.co.jp/hl?a=20170223-00000112-asahi-soc

 

Die Krux mit der Geschichte

Bereits in der Vergangenheit wurde Japan eine mangelhafte Aufarbeitung seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg vorgeworfen. Nicht zu Unrecht, denn bei der eigenen Bevölkerung sind die Kenntnisse diesbezüglich weitgehend unausgereift. Wo Unkenntnis oder seichtes Halbwissen vorherrschen, wird auch in Japan schnell diese Lücke durch selbsternannte Patrioten ausgefüllt, die mit „alternativen Fakten“ arbeiten.

Einer von ihnen ist ein Mann, der sich Seiji Fuji nennt, aber eigentlich Toshio Motoya heißt. In seinem Buch „Theoretical Modern History: The Real History of Japan“ behauptet er unter anderem, dass die USA selbst den Untergang der USS Arizona bei Pearl Harbor verursacht haben, um einen Angriff auf Japan zu rechtfertigen. Auch das Massaker von Nanking, bei dem mehrere hundertausend Zivilisten und Kriegsgefangene von den japanischen Truppen getötet und Frauen und Mädchen Opfer von Massenvergewaltigungen geworden sind, wird komplett geleugnet.

 

Nun ist dieser Toshio Motoya nicht nur irgendein Nationalist, sondern der Mitbegründer der Hotelkette APA Hotels und wohl einer der reichsten Privatpersonen Japans. In seinen Hotels sind die Werke mit dem fragwürdigen Inhalt auf allen Zimmern verteilt. Motoya sieht es als seinen Auftrag, die Leute über die „wahre“ Geschichte Japans aufzuklären und ihren Nationalstolz zu fördern.

Proteste gegen solche Darstellungen und die Verbreitung falscher Informationen hat es zum einen von chinesischer Seite gegeben. Die chinesische Regierung hat die eigenen Reiseveranstallter dazu aufgerufen, die Hotelkette zu boykottieren. Zum anderen betrachten auch japanische Stimmen Motoyas Verhalten mit Sorge, da dies wiederum die Frage aufwirft, ob Japan seine Rolle und Verantwortung mit Bezug auf den Zweiten Weltkrieg noch immer nicht begriffen hat.

Quelle:

Defiant Apa paints a target on its back

 

Mädchenpower oder doch nur Hausfrauentugenden?

Üblicherweise besuchen Schüler in Japan zunächst die öffentlichen Grundschulen. Danach steht die Wahl zwischen öffentlichen oder privaten weiterführenden Schulen an. Unter letzeren gibt es viele, die reine Jungen- oder Mädchenschulen sind. Seit einigen Jahren ist bei privaten Mädchenschulen der Audruck „Mädchenpower“ ganz groß in Mode. Was genau das bedeuten soll, haben sich zwei Autorinnen der Asahi Shimbun angesehen.

Die Aussagen auf unterschiedlichen Homepages oder von Schulvertretern gehen in diese Richtung: Eine Föderung der Mädchenpower ist nötig, um eine selbstständige Frau mit einer klaren Vorstellung von der Zukunft zu werden. Auf diese Kraft, die man während der Zeit an der Mädchenschule fern von den Jungs erworben hat, kann man sich dann als erwachsene Frau verlassen. „Wir vermitteln ihnen“, so ein Konrektor einer Mädchenschule, „,wie es dem guten Benehmen entspricht, gute schulische Leistungsfähigkeit, Denkvermögen und Ausdrucksstärke.“ Dazu kann man ihm zufolge keine Jungen mit selben Gebäude gebrauchen, denn die Entwicklung dieser Mädchenpower wird durch „beliebte und umschwärmte Jungs“ behindert. Deswegen braucht es eine geschützte Umgebung und ein Unterstützungssystem für die Mädchen. Wo das am Ende hinführt, kann man sich auf der Homepage der Frauenuniversität, zu der diese Schule gehört, durchlesen „The spirit of harmony encompasses the ideal of instructing young women in the morality and etiquette of a successfully socialized individual and future mother, nurturing within them a compassion for others.“ Ach so, natürlich, die perfekte Mutter als Hort der Moral und Etiquette.

Eine weitere Schule, die sowohl Mädchen als auch Jungen annimmt, diese aber getrennt unterrichtet, bringt dafür ähnlich befremdliche Argumente. Demnach haben Mädchen vielleicht die gleichen Fähigkeiten, aber da sie in der Gesellschaft als Frauen gegenwärtig immer untere Ränge einnehmen, muss man sie von den Jungen trennen und gesondert fördern. Sind Mädchen ein Fall für Sonderpädagogen?

Was noch nachdenklicher stimmt, ist der unterschiedliche Anspruch an Mädchen und Jungen. Während Mädchen besagte Mädchenpower, die gutes Benehmen und Empathie miteinschließt, erlangen sollen, heißt es bei den Jungs, dass sie Persönlichkeit und Stärke entwickeln müssen. Im Original werden folgende Ausdrücke verwendet 「女子力」für die Mädchenpower und für die Jungs 「人間力」. Während 「女子」Mädchen / junge Frau bedeutet, heißt 「人間」Mensch/ Person. Das letzte Zeichen heißt „Kraft, Fähigkeit, Stärke“. Ist es nicht komisch, dass Jungen zu Menschen und Persönlichkeiten werden, während Mädchen einfach nur ein bisschen Mädchenpower brauchen und aufpassen müssen, dass die Jungs ihnen diese druch Ablenkung nicht wegnehmen?

Diese Art der Mädchenpower scheint doch recht verstaubt zu sein. Statt  Anpassung an gesellschaftliche Normen durch gute Manieren und eine gepflegte Ausdrucksweise zu predigen, sollten eher gesellschaftliche Hürden und Barrieren auf dem Arbeitmarkt für Frauen abgebaut werden. Ein Schritt dazu wäre auch die Abkehr einer Trennung nach Geschlecht im Bildungssystem. Aber als Privatschule muss man sich ja Argumente einfallen lassen. Da hört sich das Gerede von der Mädchenpower einfach ganz nett an.

Ich halte das Konzept der geschlechtergetrennten Schulen an sich für überholt und rückschrittlich. Es gibt für mich (so gut wie) kein einleuchtendes Argument, wieso man Mädchen und Jungen getrennt ausbilden sollte. Natürlich gibt es Streit und Konkurrenz, aber das gibt es auch an reinen Mädchenschulen (ich spreche da aus persönlicher Erfahrung). Es schadet nicht, sich im Unterricht auch mit den Mitgliedern des anderen biologischen Geschlechts auseinanderzusetzen, zusammenzuarbeiten und zu diskutieren. Im Gegenteil, in der „normalen“ Welt ist das Leben in einer Jungs/Männerfreien Zone bzw. Mädchen/Frauenfreine Zone in den seltensten Fällen umsetzbar. Und wieso auch? Die anderen 50% der Menschheit sind weder Aliens noch Feinde. Es sind Mitmenschen.

http://www.seitoku.jp/gakuen/foreign_language/english/about/index.html

http://digital.asahi.com/articles/ASJDW5RDYJDWUTIL02N.html?_requesturl=articles%2FASJDW5RDYJDWUTIL02N.html&rm=449