Bei Shokuzai handelt es sich um eine zweiteilige Miniserie, die 2012 von Kiyoshi Kurosawa herausgebracht wurde. Der Stoff basiert auf dem gleichnamigen Roman von Kanae Minato. Es ist eine Art Horrordrama, das vor allem auf psychologischer Ebene Wirkung zeigt. Die Hauptrollen spielen Kyoko Koizumi (Asako Adachi), Yu Aoi (Sae), Eiko Koike (Maki), Sakura Ando (Akiko) und Chizuru Ikewaki (Yuka).
Eine Grundschülerin, Emili, wird von einem Fremden missbraucht und in der Turnhalle der Schule tot zurück gelassen. Ihre vier Freundinnen, Sae, Maki, Akiko und Yuka, haben den Mann kurz zuvor gesehen. Doch traumatisiert von den Ereignissen können die kleinen Mädchen keine Täterbeschreibung abgeben. Die verzweifelte Mutter von Emili, Asako Adachi, gibt den Kindern die Schuld daran, dass der Täter noch immer frei rumläuft. Sie fordert von den Kindern, zur Erfassung des Täters beizutragen. Sollte es ihnen nicht möglich sein, erwartet Asako von ihnen auf eine andere Weise dafür zu sühnen, dass sie den Mörder von Emili nicht finden konnten.
Nach dieser Vorgeschichte folgen vier Abschnitte, in denen jeweils gezeigt wird, wie Sae, Maki, Akiko und Yuka 15 Jahre später von den Ereignissen der Vergangenheit eingeholt werden. Auf verschiedene Weise hatte die Ermordung eine Auswirkung auf ihr späteres Leben. Hinzu kommt der Druck, den Frau Adachi noch immer auf die Mädchen von damals ausübt.
‚Die französische Puppe‘ zeigt das Leben von Sae. Sie ist kontaktscheu und die meisten Männer machen ihr Angst. Aufgrund des Traumas hatte sie noch keine Regelblutung und fühlt sich nicht als ganze Frau. Ein Mann, der behauptet, Sae aus der Schule zu kennen, macht ihr einen Heiratsantrag. Erst ist sie skeptisch. Doch langsam fasst sie Vertrauen und erzählt ihm von ihrem körperlichen Problem. Als er beteuert, dass ihn dies nicht stört, willigt sie ein, ihn zu heiraten. Die Situation spitzt sich zu. Es stellt sich heraus, dass er besessen ist von der Vorstellung, Sae zu besitzen und sie wie eine Puppe aussehen zu lassen. Immer weiter eingeengt und unter Druck gesetzt, bringt Sae ihren Mann um. Sie trifft sich mit Frau Adachi und berichtet ihr von der Tat und ihrer Absicht, sich der Polizei zu stellen. Zwar konnte sie den Mörder nicht finden, aber ihr gesamtes Glück ist nun zerstört. Dies sollte Frau Adachi als Sühne reichen.
‚Die außerordentliche Eltern-Lehrer-Versammlung‘ befasst sich mit dem Leben von Maki. Sie arbeitet an einer Grundschule als neue Lehrerin. Besonders durch ihre Strenge und Genauigkeit fällt sie auf. Männern gegenüber verhält sie sich distanziert und abweisend. In verschiedenen Situationen wird ihr Gewaltpotential deutlich. Die Situation eskaliert, als sie einen mit einem Messer bewaffneten Mann, der in die Schwimmhalle der Schule eindringt, vor den Augen von Schülern und Kollegen mit einer Stange zusammenschlägt. Als Opfer für ihre Unfähigkeit, Emilis Mörder zu finden, erklärt sie öffentlich im Beisein von Frau Adachi, dass sie vorrangig nicht zum Schutz der Kinder, sondern aus dem Wunsch, die eigene Schuld zu überwinden, so radikal vorgegangen sei. Damit ist ihr Ruf ruiniert. Sie ist überzeugt, dass sie es nicht verdient hat, ein glückliches Leben zu führen und tritt deshalb als Lehrerin zurück.
Der dritte Abschnitt ‚Bruder und Schwester Bär‘ betrachtet das Leben von Akiko. Sie ist arbeitslos und lebt noch immer bei den Eltern. Im Gegensatz zu Sae und Maki will sie sich nicht weiter mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Eines Tages kommt ihr älterer Bruder mit seiner neuen Frau und deren Kind aus Tokyo. Zwischen Akiko und dem Stiefkind ihres Bruders entwickelt sich eine freundschaftliche Beziehung. Doch nach einiger Zeit sammeln sich Hinweise darauf, dass ihr Bruder sich an dem kleinen Mädchen vergeht. Zutiefst schockiert bringt Akiko ihren Bruder um. Im Gefängnis möchte sie Frau Adachi ihre Tat als Sühne für Emilis Tod darbringen. Doch diese ist nicht zufrieden damit und lässt die verzweifelte Akiko zurück.
’10 Monate und 10 Tage‘ lautet das vierte Kapitel. Die erwachsene Yuka befasst sich nicht mehr der Vergangenheit. Grade hat sie einen eigenen kleinen Blumenladen aufgemacht und den Kontakt zu ihrer Schwester Mayu und deren Mann neu geknüpft. Nach und nach wird ein starker unterschwelliger Hass auf ihre Schwester deutlich. Sie verführt deren Mann und wird von ihm schwanger. Kalt und berechnend benutzt sie das Kind als Waffe gegen beide. Mayu begeht einen Selbstmordversuch und ihr Mann stirbt, nachdem Yuka ihn von einer Treppe stürzt. Yuka, die im Radio die Stimme von Emilis Mörder gehört hat, berichtet Frau Adachi nach der Entbindung davon und überlässt ihr das weitere Vorgehen.
Das letzte Kapitel ‚Sühne‘ zeigt Asakos Begegnung mit dem Mörder ihrer kleinen Tochter. Schockiert muss sie feststellen, dass es sich bei ihm um einen alten Studienfreund handelt, in den sie verliebt gewesen war. Sie hatte damals, als sie die Liebe zwischen ihm und ihrer Freundin Akie bemerkte, diese auseinandergebracht und Akie, die verzweifelt Selbstmord begehen wollte, fahrlässig sterben lassen. Durch Zufall hatte er erfahren, dass Asako an dem Tod seiner geliebten Akie Schuld war. Er hat sich gerächt, indem er Asakos Kind Emili suchte und umbrachte. Auch als er erfährt, dass Emili eigentlich sein Kind war, zeigt er keine Reue. Vor ihren Augen wirft er sich kurz darauf vor einen Güterzug.
Ausgestrahlt im deutschen Fernsehen wurde der Zweiteiler erstmals auf Arte 2015. Die Geschichte hat mich sehr gefesselt. Es geht weniger um den kriminalistischen Aspekt als vielmehr um das Psychogramm verschiedener Personen, die unter Schuld und Schuldkomplexen zu leiden haben. Unterschiedliche Auswirkungen auf das Leben der jungen Frauen sind zu sehen. Bei allen hat das Erlebte und der Druck durch Frau Adachi tiefe Spuren und Narben hinterlassen. Ob Verdrängung oder Auseinandersetzung, beide Methoden bringen keine Heilung für die traumatisierten jungen Frauen.
Asako Adachi selbst trägt schwer an dem Tod ihrer Studienfreundin Akie und der zerstörten Beziehung zu ihrer großen Liebe Nanjo, der schließlich zum Mörder der gemeinsamen Tochter wird. Auch nachdem er endlich tot und die Leben der jungen Frauen so gut wie zerstört sind, kann sie keine Erleichterung finden. Verwirrt und zweifelnd irrt sie durch neblige Straßen. Die Konzentration auf die vermeintliche ‚Schuld‘ der damaligen Schulfreundinnen von Emili lenkte sie zwar lange Jahre von ihrer eigenen Tat ab, doch die schwere der Vergangenheit kommt mit aller Wucht auf sie zurück.