Mitsubishi schreibt rote Zahlen im Schiffbau

(Asahi Shimbun, 28.08.2016)

Mitsubishi, das als einziges japanisches Unternehmen Kreuzfahrtschiffe baut, konnte seit 10 Jahren keinen Gewinn mehr mit Passagierschiffen erzielen. Nun steht das Unternehmen vor der schweren Entscheidung, den Bereich des Schiffbaus ganz einzustellen.

Dabei hat der Schiffsbau bei Mitsubishi eine lange Tradition. Seit 1887 wurden etwa 100 Schiffe ausgeliefert. Auch gegen die Konkurrenz aus China oder Südkorea konnte man sich lange Zeit behaupten.

Doch dem Schiffsbau wurde ein herber Rückschlag versetzt, als 2002 während des Baus auf einem Schiff ein Brand ausbrach und dies dazu führte, dass das Unternehmen sich verstärkt anderen Bereichen zuwandte. In der Zwischenzeit schritt die Digitalisierung auch im Schiffsbau immer weiter voran: die Bereitstellung von Internet in allen Schiffskabinen ist Standard geworden. Diesen Anforderungen konnte Mitsubishi beim Auftrag für die Aida Cruse Line von 2011 nur schwer gerecht werden. Hinzu kam, das ganze drei mal während des Baus der Aida Prima ein Feuer die Arbeiten unterbrach. Die Ablieferung verzögerte sich, das Unternehmen geriet in rote Zahlen und das Schiff konnte erst in diesem Jahr übergeben werden.

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Ob es nun möglich sein wird, den Auftrag für ein weiteres Schiff, ebenfalls für Aida, überhaupt auszuführen, ist unklar. Bei einem Minus von etwa 2.016.000.000 Euro im März 2016 und einem zu erwartenden Gewinn durch den Auftrag von etwa 876.678.000 Euro wäre der Verlust noch immer erheblich. Die vollständige Aufgabe des Schiffsbaus wird somit immer wahrscheinlicher.

Einziger Hoffnungsschimmer ist die große Reederei Nihon Yuusen. Deren Vorsitzender hat auf der Versammlung der Hauptaktionäre angedeutet, dass seine Firma gerne ihr nächstes Schiff bei einem japanischen Unternehmen in Auftrag geben würde.

Die Entscheidung liegt bei Mitsubishi, dieses Risiko auf sich zu nehmen.

http://www.asahi.com/articles/ASJ8V44R1J8VULFA00D.html

Niedergang der Love Hotels

(Asahi Shimbun, 22.08.2016)

Wer sich ein bisschen mit Japan beschäftigt hat, der  hat auch schon von den sogenannten Love Hotels, den Stundenhotels, gehört. Diese Refugien für Liebespaare, heimlichen Affären, gestresste Eltern usw., haben seit einiger Zeit mit einem Rückgang der Gästezahlen zu kämpfen.

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Mögliche Ursachen: günstige Alternativen wie Karaokeboxen oder Zweierplätze in Internetcafes für Paare sowie die Tatsache, dass immer weniger junge Japaner ein Auto besitzen. Auch die „fortschreitende Entwicklung zu Pflanzenfressern“ junger Japaner wird dafür verantwortlich gemacht. (Damit ist ein allgemeines Desinteresse an sexuellen Begegnungen gemeint. Zu diesem sozialen Phänomen, bzw. der Begrifflichkeit bedarf es einer längeren Erläuterung).

Somit stehen viele Betreiber vor finanziellen Schwierigkeiten. Die Rettung könnte in Form von ausländischen Touristen, vor allem chinesische Reisegruppen, kommen. Vereinzelt wurden Hotels schon aufwändig renoviert und umgestaltet. Rosa Wände werden weiß gestrichen, statt eines Bettes für ein Paar zwei einzelne Betten aufgebaut, große Spiegel werden entfernt und Kühlschränke in die Zimmer gestellt.

Doch nicht alle Hotelbetreiber können diese Belastung alleine stemmen. Sie haben zudem das Problem, dass öffentliche Geldinstitute nicht bereit sind, ihnen Kredite zu gewähren, da Love Hotels ein anrüchiges Image haben. In iher Not wendet sich die Hotelgewerkschaft nun an die Politik und bittet um entsprechende Mittel oder Pläne zur Wiederbelebung des Geschäfts.

Es gibt auch kritische Stimmen, die befürchten, dass es bei ausländischen Touristen keinen guten Eindruck macht, wenn sie in ehemaligen Love Hotels untergebracht werden. Außerdem sei es ein Unterschied, ob man täglich eine große Zahl an Ein- und Abreisen habe oder aber Gäste über mehrere Tage hinweg entsprechend bewirten müsste.

Dem widerspricht, dass es bereits jetzt ausländische Touristen gibt, die Love Hotels als günstige Alternative zu übrigen Hotels oder als intimen Rückzugsort nutzen.

 

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Shokuzai – Sühne

Bei Shokuzai handelt es sich um eine zweiteilige Miniserie, die 2012 von Kiyoshi Kurosawa herausgebracht wurde. Der Stoff basiert auf dem gleichnamigen Roman von Kanae Minato. Es ist eine Art Horrordrama, das vor allem auf psychologischer Ebene Wirkung zeigt. Die Hauptrollen spielen Kyoko Koizumi (Asako Adachi), Yu Aoi (Sae), Eiko Koike (Maki), Sakura Ando (Akiko) und Chizuru Ikewaki (Yuka).

Eine Grundschülerin, Emili, wird von einem Fremden missbraucht und in der Turnhalle der Schule tot zurück gelassen. Ihre vier Freundinnen, Sae, Maki, Akiko und Yuka, haben den Mann kurz zuvor gesehen. Doch traumatisiert von den Ereignissen können die kleinen Mädchen keine Täterbeschreibung abgeben. Die verzweifelte Mutter von Emili, Asako Adachi, gibt den Kindern die Schuld daran, dass der Täter noch immer frei rumläuft. Sie fordert von den Kindern, zur Erfassung des Täters beizutragen. Sollte es ihnen nicht möglich sein, erwartet Asako von ihnen auf eine andere Weise dafür zu sühnen, dass sie den Mörder von Emili nicht finden konnten.

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Nach dieser Vorgeschichte folgen vier Abschnitte, in denen jeweils gezeigt wird, wie Sae, Maki, Akiko und Yuka 15 Jahre später von den Ereignissen der Vergangenheit eingeholt werden. Auf verschiedene Weise hatte die Ermordung eine Auswirkung auf ihr späteres Leben. Hinzu kommt der Druck, den Frau Adachi noch immer auf die Mädchen von damals ausübt.

‚Die französische Puppe‘ zeigt das Leben von Sae. Sie ist kontaktscheu und die meisten Männer machen ihr Angst. Aufgrund des Traumas hatte sie noch keine Regelblutung und fühlt sich nicht als ganze Frau. Ein Mann, der behauptet, Sae aus der Schule zu kennen, macht ihr einen Heiratsantrag. Erst ist sie skeptisch. Doch langsam fasst sie Vertrauen und erzählt ihm von ihrem körperlichen Problem. Als er beteuert, dass ihn dies nicht stört, willigt sie ein, ihn zu heiraten. Die Situation spitzt sich zu. Es stellt sich heraus, dass er besessen ist von der Vorstellung, Sae zu besitzen und sie wie eine Puppe aussehen zu lassen. Immer weiter eingeengt und unter Druck gesetzt, bringt Sae ihren Mann um. Sie trifft sich mit Frau Adachi und berichtet ihr von der Tat und ihrer Absicht, sich der Polizei zu stellen. Zwar konnte sie den Mörder nicht finden, aber ihr gesamtes Glück ist nun zerstört. Dies sollte Frau Adachi als Sühne reichen.

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‚Die außerordentliche Eltern-Lehrer-Versammlung‘ befasst sich mit dem Leben von Maki. Sie arbeitet an einer Grundschule als neue Lehrerin. Besonders durch ihre Strenge und Genauigkeit fällt sie auf. Männern gegenüber verhält sie sich distanziert und abweisend. In verschiedenen Situationen wird ihr Gewaltpotential deutlich. Die Situation eskaliert, als sie einen mit einem Messer bewaffneten Mann, der in die Schwimmhalle der Schule eindringt, vor den Augen von Schülern und Kollegen mit einer Stange zusammenschlägt. Als Opfer für ihre Unfähigkeit, Emilis Mörder zu finden, erklärt sie öffentlich im Beisein von Frau Adachi, dass sie vorrangig nicht zum Schutz der Kinder, sondern aus dem Wunsch, die eigene Schuld zu überwinden, so radikal vorgegangen sei. Damit ist ihr Ruf ruiniert. Sie ist überzeugt, dass sie es nicht verdient hat, ein glückliches Leben zu führen und tritt deshalb als Lehrerin zurück.

Der dritte Abschnitt ‚Bruder und Schwester Bär‘ betrachtet das Leben von Akiko. Sie ist arbeitslos und lebt noch immer bei den Eltern. Im Gegensatz zu Sae und Maki will sie sich nicht weiter mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Eines Tages kommt ihr älterer Bruder mit seiner neuen Frau und deren Kind aus Tokyo. Zwischen Akiko und dem Stiefkind ihres Bruders entwickelt sich eine freundschaftliche Beziehung. Doch nach einiger Zeit sammeln sich Hinweise darauf, dass ihr Bruder sich an dem kleinen Mädchen vergeht. Zutiefst schockiert bringt Akiko ihren Bruder um. Im Gefängnis möchte sie Frau Adachi ihre Tat als Sühne für Emilis Tod darbringen. Doch diese ist nicht zufrieden damit und lässt die verzweifelte Akiko zurück.

’10 Monate und 10 Tage‘ lautet das vierte Kapitel. Die erwachsene Yuka befasst sich nicht mehr der Vergangenheit. Grade hat sie einen eigenen kleinen Blumenladen aufgemacht und den Kontakt zu ihrer Schwester Mayu und deren Mann neu geknüpft. Nach und nach wird ein starker unterschwelliger Hass auf ihre Schwester deutlich. Sie verführt deren Mann und wird von ihm schwanger. Kalt und berechnend benutzt sie das Kind als Waffe gegen beide. Mayu begeht einen Selbstmordversuch und ihr Mann stirbt, nachdem Yuka ihn von einer Treppe stürzt. Yuka, die im Radio die Stimme von Emilis Mörder gehört hat, berichtet Frau Adachi nach der Entbindung davon und überlässt ihr das weitere Vorgehen.

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Das letzte Kapitel ‚Sühne‘ zeigt Asakos Begegnung mit dem Mörder ihrer kleinen Tochter. Schockiert muss sie feststellen, dass es sich bei ihm um einen alten Studienfreund handelt, in den sie verliebt gewesen war. Sie hatte damals, als sie die Liebe zwischen ihm und ihrer Freundin Akie bemerkte, diese auseinandergebracht und Akie, die verzweifelt Selbstmord begehen wollte, fahrlässig sterben lassen. Durch Zufall hatte er erfahren, dass Asako an dem Tod seiner geliebten Akie Schuld war. Er hat sich gerächt, indem er Asakos Kind Emili suchte und umbrachte. Auch als er erfährt, dass Emili eigentlich sein Kind war, zeigt er keine Reue. Vor ihren Augen wirft er sich kurz darauf vor einen Güterzug.

 

Ausgestrahlt im deutschen Fernsehen wurde der Zweiteiler erstmals auf Arte 2015. Die Geschichte hat mich sehr gefesselt. Es geht weniger um den kriminalistischen Aspekt als vielmehr um das Psychogramm verschiedener Personen, die unter Schuld und Schuldkomplexen zu leiden haben. Unterschiedliche Auswirkungen auf das Leben der jungen Frauen sind zu sehen. Bei allen hat das Erlebte und der Druck durch Frau Adachi tiefe Spuren und Narben hinterlassen. Ob Verdrängung oder Auseinandersetzung, beide Methoden bringen keine Heilung für die traumatisierten jungen Frauen.

Asako Adachi selbst trägt schwer an dem Tod ihrer Studienfreundin Akie und der zerstörten Beziehung zu ihrer großen Liebe Nanjo, der schließlich zum Mörder der gemeinsamen Tochter wird. Auch nachdem er endlich tot und die Leben der jungen Frauen so gut wie zerstört sind, kann sie keine Erleichterung finden. Verwirrt und zweifelnd irrt sie durch neblige Straßen. Die Konzentration auf die vermeintliche ‚Schuld‘ der damaligen Schulfreundinnen von Emili lenkte sie zwar lange Jahre von ihrer eigenen Tat ab, doch die schwere der Vergangenheit kommt mit aller Wucht auf sie zurück.

Hinamatsuri

Das Hinamatsuri (Puppenfest) ist ein Fest, das jedes Jahr am 03.März in Japan gefeiert wird. An diesem Tag stehen die Mädchen einer Familie besonders im Mittelpunkt.

Familien, die Wert auf die Tradition legen, besitzen einen sogenannten Hinamatsuri-Altar. Dieser wird oft schon Wochen vor dem eigentlichen Fest aufgestellt. Der Altar besteht aus roten Stufen, wie eine Tribüne, auf die dann nach Rang und Bedeutung die verschiedenen Puppen aufgestellt werden. An oberster Stelle stehen der Kaiser und die Kaiserin, es folgen Hofdamen und Musikanten sowie weitere Figuren und Wagen. Diese Tradition geht auf die Edo-Zeit (1603-1868) zurück. Man sagt, dass ein Mädchen, das vergisst, die Puppen vor dem 04. März wieder einzupacken, in diesem Jahr nicht heiraten wird.

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Nicht nur in Familien sondern auch in Schulen oder sozialen Einrichtungen wird dieses Fest gefeiert. Zum Beispiel haben die Schülerinnen einer Mädchenschule in Sapporo gemeinsam den Altar aufgestellt.

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Besonders wichtig wurde das Fest zudem in dem Kinderheim in Iwate genommen, wo ich 2011 mein Praktikum machen konnte.

Ein Fototermin wurde für den Sonntag vor dem Fest vereinbart, um die kleinen Mädchen im Kimono mit allen Bewohnern und vor dem Hinamatsuri-Altar zu fotografieren. Vorher hatten die Erzieher alle Hände voll damit zu tun, die Mädels herzurichten.

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Bitte schön stillhalten beim Frisieren.

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Die Obi (breite Gürtel mit einer großen Schleife) sind sehr bunt und aufwendig.

Tokyo Monogatari

In Tokyo Monogatari spielen die leisen Töne die Hauptrolle. Familie, Eltern-Kind Beziehungen bzw. die Ablösung von Alt durch Neu stehen im Vordergrund und werden in ruhiger Weise thematisiert. Zugleich ist er ein Dokument der Zeitgeschichte, da er das Leben in den 50er Jahren in Japan (nicht lange nach Ende des Krieges) proträtiert.

Der Film von 1953 stammt von Yasujiro Ozu. Er ist das bekannteste Werk des Regisseurs und gilt als einer der besten Filme aller Zeiten.

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Das ältere Ehepaar Shukichi und Tomi Hirayama macht sich von ihrem Dorf aus auf den Weg nach Tokyo, um dort die erwachsenen Kinder zu besuchen. Doch weder ihr ältester Sohn, noch die Tochter haben Zeit und Lust, sich um die Eltern zu kümmern. Nur die Witwe ihres verstorbenen Sohnes, die Büroangestellte Noriko, empfängt sie mit liebevoller Gastfreundschaft.

Um die Eltern loszuwerden, schicken die Kinder die beiden in einen Kurort ans Meer. Dort fühlen sie sich jedoch nicht wohl. Als sich auch noch Tomis Gesundheitszustand verschlechtert, kehrt das Ehepaar nach Tokyo zurück. Sie sind gezwungen, sich zu trennen, da keiner der beiden Kinder bereit ist, beide Elternteile bei sich aufzunehmen.

Auf der Heimreise ins Dorf geht es Tomi immer schlechter, sodass sie einen Zwischenstopp bei ihrem jüngsten Sohn in Osaka einlegen. Zurück zu Hause verstirbt Tomi bald darauf. Während die eigenen Kinder sich kurz nach der Beerdigung wieder auf den Rückweg machen, bleibt Noriko als Unterstützung bei ihrem Schwiegervater. Als auch Noriko abreisen muss, bittet der dankbare Shukichi sie darum, erneut zu heiraten. Noriko gibt zu, dass das Leben als Witwe tatsächlich schwer für sie ist. Als Zeichen seines Verständnisses schenkt Shukichi ihr die Uhr seiner verstorbenen Frau.

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Die Beziehungen innerhalb der Familie, insbesondere die Eltern-Kind-Beziehung, stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Obwohl die Eltern mehr Fürsorge und Aufmerksamkeit von ihren Kindern erwarten könnten, beschweren sie sich nicht. Sie geben ihnen nicht die Schuld an ihrem Verhalten, sondern verstehen, dass die Anforderungen des Lebens in der Stadt ihre Kinder beeinflussen.

Deutlich Kritik äußert nur die jüngste Tochter der Familie am Verhalten ihrer Geschwister. Sie ist wütend über deren Undankbarkeit und möchte nie so werden wie ihre Geschwister.

Doch in einer bedeutenden Szene des Films wird sie von Noriko, der einzigen, die sich offenbar korrekt verhalten hat, darauf hingewiesen, dass dies der normale Lauf der Dinge ist. Kinder und Eltern driften auseinander und führen ein Leben in getrennten Welten.

Auch Noriko, die als Witwe lebt, empfindet sich nicht als unschuldig. Innerlich hat sie sich schon ein wenig von ihrem verstorbenen Mann getrennt, sodass sie sich gegenüber ihm und seiner Familie schuldig fühlt. Erst durch ihre Schwiegereltern und letztlich durch das Geschenk wird sie „freigesprochen“ und kann ein neues Leben beginnen.

Die Familie als Bild des Zusammenhalts und der Geschlossenheit wird hier auf die Probe gestellt. Auch der traditionell starke Fokus auf die Familie in Japan ist modernen Einflüssen unterworfen. Hinzu kommt das natürliche Loslösen der Kinder vom Elternhaus. Es kommt zu Spannungssituationen, die aber nicht offen ausbrechen. Das kann für den Zuschauer unbefriedigend sein, ist aber durchaus realistisch. Nicht jeder ist es gewohnt, andere direkt mit seinem Ärger und seiner Enttäuschung zu konfrontieren. Oft sehen wir, wie Noriko oder die Großeltern ihre Gefühle unter einem Lächeln verbergen.

Schließlich möchte ich noch etwas zum besonderen Stil des Filmes sagen. Ozu hat einen nüchternen und undramatischen Film geschaffen. Auffällig ist die geringe Höhe der Kameraposition, und dass die Kamera kaum bewegt wird. Während Konversationen schauen wir mitunter direkt dem Sprecher ins Gesicht. Interessant sind zudem die sogenannten ‚leeren Bilder‘, die eine kurze Szene zeigen, die nicht unmittelbar zur Geschichte gehört. Es werden Gegenstände oder Landschaften gezeigt. Man vermutet, dass sie als Platzhalter für die Gefühle der Charaktere oder der Zuschauer dienen sollen. So ganz genau weiß man das aber nicht.

Erstmals gesehen habe ich den Film 2012. Danach habe ich ihn auch mit meiner Mutter und Schwester geschaut, die (trotzdem es nur deutschen Untertitel gab) zu Tränen gerührt waren. Meine Lieblingsszene ist die, in der Noriko Kyoko erklärt, dass ihre Geschwister keine gewissenlosen Menschen sind, und dass das Leben einfach enttäuschend ist in vielerlei Hinsicht. Die harte Realität, wieder geschmückt mit einem Lächeln.

Alles in allem ist es ein besonderer Film japanischen Stils, der unaufgeregt die Veränderung und Entfremdung in einer japanischen Familie der 50er nachzeichnet. Wenn man sich auf die ruhige Erzählweise und den japanischen Stil einlassen kann, dann ist er sehr interessant.